Theater und Performance | 10 Jahre Vierte Welt
Sa. 20.11.21| 20:00
So. 21.11.21| 20:00
The End Is Not An Option ist eine nomadische Erkundung von Enden und Fortsetzungen. 6 Performer*innen ziehen Verbindungslinien vom Jetzt in die Vergangenheit und zurück in die Zukunft und versuchen dabei allgegenwärtigen apokalyptischen Prognosen zu trotzen. Wie eine Gruppe von Sammlern oder ein Wanderzirkus reist das Stück vor seiner Ankunft in der Vierten Welt an drei andere Orte, und überliefert dabei Stimmen und Träume von einem Ort zum nächsten.
Von und mit: Lisa Densem, Roni Katz, Manon Parent, Annegret Schalke, Xenia Taniko, Maya Weinberg, Produktionsleitung: Patricia Oldenhave, Annett Hardegen.
Eine Produktion im Rahmen des Festivals 10 Jahre Vierte Welt. Gefördert durch den Hauptstadtkulturfonds.
Eintritt frei
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Mäandern, beutelpoetisch
Ein Text über das Projekt The End Is Not An Option von Jette Büchsenschütz
Beginnen wir mit einer Geschichte – einer von vielen, die auf der Bühne des FELD Theaters mit dem Publikum geteilt wurde: Lisas erste Konfrontation mit dem Thema Umweltschutz war das Ozonloch und die damit verbundene Gefahr zu starker Sonneneinstrahlungen. Vor allem in Australien und Neuseeland, wo Lisa aufgewachsen ist, war diese ganz reale Gefahr in den 1990er Jahre ein allzeit präsentes Thema. Lisa erinnert sich an den Wetterbericht, der regelmäßig darauf hinwies, dass z.B. nach sieben Minuten ein gefährlich hohes Sonnenbrandrisiko besteht.
Jede gute Geschichte stellt Fragen, die größer sind als wir selbst. Oder wie Donna Haraway schreibt: „Es ist von Gewicht, welche Geschichten Welten machen und welche Welten Geschichten machen.“ Und es ist ein ähnlicher Gedanke, der die Grundlage bildet für das nomadisierende Performance-Projekt The End is not an Option des Performance Kollektivs B A G.
Nicht nur ihr Name verweist auf das feministische, herrschaftskritische Beutel-Motiv der Schriftstellerin Ursula Le Guin. Auch das über mehrere Monate ausgespannte und in vier zwei-wöchentlichen Residenzen an wechselnden Orten verweilende Projekt versteht sich als eine Sammlung in Bewegung, das nomadisierend von Publikum zu Publikum zieht, mit ihm neue Geschichten und Dinge einsammelt und gemeinsam weiterspinnt.
Von einem Gemeinschaftszentrum in Berlin-Marzahn über Wahrenberg in Sachsen-Anhalt zurück ins Berliner FELD Theater und schließlich in die Vierte Welt am Kottbusser Tor reisend, sammeln sie, teilen, verteilen, erinnern, ernten, spekulieren, lernen von- und miteinander über Kapitalismus, Kollektivität und Klimakrise – über die großen Erzählungen, die uns verbinden oder eben trennen. Jeder der besuchten Orte eröffnet einen anderen Kontext, birgt andere Geschichten, Traditionen und Konflikte und andere Hindernisse in der kollektiven Verständigung. Dabei teilt sich das B A G Kollektiv – bestehend aus den Tänzer*innen und Choreograf*innen Lisa Densem, Roni Katz, Manon Parent, Annegret Schalke, Xenia Taniko und Maya Weinberg – alle Verantwortungen und Aufgaben. Es gibt keine Expertin, die für einen speziellen Bereich zuständig wäre, nichtsdestotrotz bringt jede von ihnen eine besondere Fähigkeit mit, so wie z.B. in Licht- und Setdesign, Komposition, Schlagzeug spielen, Dramaturgie oder Atemtherapie. Genauso wie diese Spezialisierungen in der Arbeitsaufteilung verwischen, verschwimmen auch die Grenzen zwischen Bühnenperformance, Workshop und Probe. Ihre Bereiche informieren sich gegenseitig, sodass aus dem gesammelten Material ein vielwurzeliges Wissensgeflecht entsteht, in dem Anfang und Ende keine Rolle mehr spielen, sondern nur noch die fortlaufenden Verknüpfungen. Ein Ende ist wirklich keine Option.
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The End Is Not An Option is a nomadic exploration of endings and continuations. 6 performers draw trajectories from the now into the past and back to the future while attempting to defy ever present apocalyptic predictions. As collectors or a wandering circus do, the piece travels through three other locations before arriving at Vierte Welt, gathering and transmitting voices and dreams.
By and with: Lisa Densem, Roni Katz, Manon Parent, Annegret Schalke, Xenia Taniko, Maya Weinberg. Production Management: Patricia Oldenhave, Annett Hardegen.
Bag-poetic meanderings
A Text about the project The End Is Not An Option by Jette Büchsenschütz, translated into English by Brandon Johnson.
Let’s start with a story – one of many shared with the audience on the stage of the FELD Theater: Lisa’s first encounter with environmental protection was the hole in the ozone layer and the excessive solar radiation – a very real danger and ever-present topic of discussion in the 1990s, particularly in Australia and New Zealand, where Lisa grew up. She remembers regular weather reports warning of a dangerously high risk of sunburn after only seven minutes in the sun.
Every good story poses questions bigger than ourselves. Or as Donna Haraway writes: “It matters what stories make worlds, what worlds make stories.” A similar notion forms the basis for the nomadic performance project The End is not an Option by the performance collective B A G.
The collective, whose name references writer Ursula K. Le Guin’s carrier bag metaphor, a feminist re-visioning of dominant narratives, similarly approached the project as a collection in motion, moving nomadically from audience to audience over the course of four residencies at four different locations, collecting and expanding on stories and experiences as they went.
As the group travelled from a community center in Berlin-Marzahn to Wahrenberg in Saxony-Anhalt, back to Berlin’s FELD Theater and finally to Vierte Welt at Kottbusser Tor, they collected, shared, distributed, remembered, harvested, speculated, and learned, from and with each other, about capitalism, collectivity and the climate crisis – about the major narratives that connect and divide us. Each of the sites they visited reveals a different context and holds different stories, traditions and conflicts, as well as various obstacles to collective understanding.
The B A G collective – consisting of dancers and choreographers Lisa Densem, Roni Katz, Manon Parent, Annegret Schalke, Xenia Taniko and Maya Weinberg – shared all responsibilities and tasks. And while no one played the role of an expert responsible for a specific area, each member nonetheless contributed a unique skill, ranging from lighting and set design to composition, drumming, dramaturgy and breath work. As these specializations blur in the division of labor, so do the boundaries between stage performance, workshop and rehearsal. Each of their fields informs one other, so that a many-rooted web of knowledge emerges from the collected material, in which ongoing connections, rather than beginnings and endings, are central. An end is truly not an option.