Diskurs

Sa. 30.05.22  |  14:30 – 17:30

Massimo Perinelli (Rosa-Luxemburg-Stiftung)

Was bedeutet(e) die „Wiedervereinigung“ für die Migrant*innen und die postmigrantische Gesellschaft in Deutschland und speziell in Berlin?

Der Mauerfall stellte vor allem für die Berliner Migrant*innen eine schmerzhafte Zäsur dar. Neben der aufflammenden Gewalt auf der Straße durch die Bedrohung durch Neo-Nazis verloren viele ihre Jobs, weil die ansässigen Industrien entweder nach Ostdeutschland abwanderten oder Arbeiter*innen aus dem Osten zu niedrigeren Löhnen einstellten. Der Rückkehrdruck für Migrant*innen war extrem hoch und die Frage nach Zugehörigkeit und Identität allgegenwärtig. 89 bedeutete auch eine Unterbrechung der Erinnerung an migrantisches Leben im Schatten der Mauer, an frühere Zyklen migrantischer Bürgerrechtsbewegungen der 1970er und 1980er Jahre und an die Einwanderungsbiographien der 1. Generation Gastarbeiter*innen. In dieser bis heute unverarbeiteten Zäsur stellt sich die Frage nach generationeller Weitergabe von Erfahrungen mit Rassismus sowie Praktiken der Resilienz. Wir wissen, dass mit dem Fall der Mauer die postmigrantische Gesellschaft aus der Taufe gehoben wurde, die mit aller Kreativität, Gegengewalt, Beharrung, Geschäftssinn, Solidarität und Queerness Kreuzberg und tausend andere Orte in diesem Land nachhaltig und grundlegend geprägt und transformiert hat. Gerade in den letzten Jahren haben migrantisch situierte literarische, filmische, künstlerische und politische Interventionen eine Flut an lebendigen erinnerungspolitischen Debatten hervorgebracht. 

Am 30. April möchten wir im Rahmen der Reihe Trauma – rechte Zukunft / deutsche Geschichte(n) einige dieser Interventionen vorstellen. In dem wir das hegemoniale Geschichtsnarrativ mit unseren kanakischen Erinnerungen stören, durchbrechen wir das Post-Mauerfall-Stress-Syndrom. 

Gülriz Egilmez, Alexandra Weltz-Rombach: Mit offenem Blick | Açık bakışla, Leben im Schatten der Mauer – die Dresdner Straße in Kreuzberg. Videovortrag

 Alexandra Weltz-Rombach: Antifa für Alle. Filmprojekt

 Gülây Akın, Sabuha Salaam: 30 Jahre Queeres Kreuzberg. Audio-Performance.

 WIR SIND HIER! und Hamze Bytyci: F*ck your Paradise. 1. Roma Scheiben-Wisch-Workshop am Kotti.

Kuratiert von Massimo Perinelli

(gefördert von der Rosa-Luxemburg-Stiftung)

mit: Gülây Akın, Hamze Bytyci (Kurator*in, Künstler*in), Gülriz Egilmez (Projektarbeiter*in für Kultur- und Kreativprojekte, Aktivist*in in den nichtkommerziellen Stadtteilläden Bilgisaray und Mahle), Massimo Perinelli (Historiker*in, Referent*in), sabuha salaam (gayhane im so36_club ), Alexandra Weltz-Rombach (Filmemacher*in, Galerie Auslage in der Pücklerstr.)

 

Trauma – rechte Zukunft / deutsche Geschichte(n) ist ein Projekt des Instituts für Widerstand im Postfordismus und der Vierten Welt, gefördert durch die Senatsverwaltung für Kultur und Europa und dem Bezirksamt Friedrichshain- Kreuzberg.

Unterstützt durch Medienparterschaft taz die tageszeitung

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