Performance | Vierte Welt

 

SALE

Ich will ein Kind haben

 Dirk Cieslak I Konstanze Schmitt 

Premiere | 25. November 2012

In einer Kollaboration von Lubricat und Konstanze Schmitt verbinden wir das Theaterstück „Ich will ein Kind haben” des sowjetischen Schriftstellers Sergej Tretjakow von 1924 und die Stückentwicklung „sale”

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Samenzelle und Sozialismus

…Milda, überzeugend verkörpert von Antje Widdra, … die Akteurin in “sale” (Mariel Jana Supka) eine virtuos agierende Aufziehpuppe … Während die sozialistische Utopie fremd ist, aber neugierig macht, ist die kapitalistische schöne neue Welt lediglich Objekt der Satire. [weiter]    

taz, 7.12.2011, Jessica Zeller

Prenzlzwergmutter gegen sowjetische Kulturfunktionärin

… wird einen klarer, warum Sarrazin mit seinen eugenischen Thesen bis ins grüne Milieu auf Zustimmung stößt… [weiter]    

freitag 20.1.12 | Peter Nowak

Wir sehen es täglich, die Welt ist ein Jammertal. Aber so abscheulich die News auch im Einzelnen sein mögen, bei den meisten Orten dieser Welt vermögen wir auf Vorstellungs-welten, Mythen oder Exotismen zurückzugreifen, die bei uns Träume und Fantasien stimulieren, oder wenigstens, das ein oder andere, vom Erlebnishunger getriebene Begehren reizen. Nicht so Pakistan.

Pakistan erscheint im Westen der Welt nur über sein mediales Branding: Das gefährlichste Land der Welt. Fluten, Erdbeben und Bombenanschläge, aufständische Separatisten und aufgebrachte Massen bärtiger Männer, brennende US Fahnen, übel gedemütigte Frauen, Präsidenten in Generalsuniform und politische Morde, Atombombentests, Kidnappings, Drohnenkrieg und Taliban – Osama Bin Laden’s Zuflucht und so endlos weiter…  Im Spiel der Politik des Krieges gegen den Terror – im Kreuzzug 2.0 – fungiert Pakistan als große Furcht- und Angstmaschine, die unser politisches Bewusstsein der unheilvollen Prinzipienlosigkeit des Affekts unterwirft. Und wo der Affekt regiert existiert auch kein belebtes Bild mehr. Die Gegenwart und Geschichte des Landes, das Leben von 180 Millionen Pakistanis verschwinden hinter einem neuen großen Fantasma der Angst, mit dem Namen Terror und Islam. Und die primitive Furcht legitimiert und treibt uns, die Sau raus zu lassen. Oder wie es Herr Daniel M. Kasuri, Executive Director der Beaconhouse Group und Ex-Banker in den USA, in Islamabad im Interview formuliert: 4.000 tote Amerikaner reichen aus, damit wir, von einem Tag auf den Anderen, 250 Jahre in der Geschichte der Aufklärung zurückfallen.

Es ist die Katastrophe, von der es heißt, dass wir alle schon darin leben. Aber uns hat die Katastrophe bisher nur in unseren Gefühls- und Aufmerksamkeits-Apparaten erreicht. In der Politik der ewigen Krise und der Angst und in den Erzählungen vom Kommenden Aufstand. Es heisst, und da sind sich alle einig, die realen -harten- Wirkungen stehen uns noch ins Haus. Der Bewohner des Westens träumt diese Katastrophe nur, wenn er im SUV- Panzer vom Büro heim fährt. In diesem Sinne ist Pakistan (auch) unsere Zukunft.

Blackbox Pakistan

Die Gründung des Staates Pakistan ist eine Posse aus dem Geist Europas. Ein britischer Kolonialbeamter zieht eine Linie auf einer Karte und erklärt sie zur Grenze zwischen Indien und Pakistan. Im selbstbewussten Gründungsakt Pakistans wird die Idee von einer neuen Humanität im Zeichen eines universalistischen Islam beschworen. Sie wird nach einem kurzen Frühling von den Zentrifugalkräften der verschiedenen ökonomischen, geopolitischen und lokalen Interessen in einem gesellschaftlichen Raum zwischen Feudalismus,  Traditionalismus, Tribalismus , Kolonialismus und Moderne, zerschreddert. Pakistan hat nie existiert.  Aber Pakistan existiert. Als beherrschter und unbeherrschbarer Raum im selben Moment. Als Schnittstelle in einer globalen Ökonomie und als Armenhaus. Als No-Go Area und politischer Raum hegemonialer und geopolitischer Interessen. Der anachronistische Raum Pakistan ist angefüllt mit disperaten Phänomenen, Ereignissen und Ökonomien, wir sollten ihn besser, als eine der Mutationen unserer gemeinsamen globalen Realität begreifen.

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