Zu Gast in der Vierten Welt | Veranstaltungsreihe 

 
Kritische Theorie in Berlin

[ Seit Feb. 2017 in der Vierten Welt ]

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Mit dem in-context-Format bewegt sich die Initiative Kritische Theorie in Berlin (getragen vom Center for Humanities and Social Change an der HU Berlin) in die politische Debatte und im städtischen Raum. 

 

Unter dem Anspruch der Zeitdiagnose werden drängende politische Themen wie das Erstarken des Rechtspopulismus, die Herausforderungen der Migration und das Problem sozialer Ungleichheit diskutiert. 

 

Das – dem in-context-Format zugeordnete – Motiv der Straße steht dabei für den Anspruch auf Öffentlichkeit: hier sollen nicht nur Meinungen und Kritik ausgetauscht, sondern überhaupt erst gemeinsam gebildet und geschärft werden. Das Straßenmotiv steht vor allem aber auch für die der Theorie eigenen Hoffnung auf emanzipative Praktiken ein.

 
Über Sozialismus reden
Do. 12.12.2019 | 18-21 Uhr | Eintritt frei

 

Auftakt einer Veranstaltungsreihe der Kritische Theorie Berlin (KTB), die der Frage nachgeht: Gibt es überhaupt die Idee des Sozialismus oder bedarf es vielfältiger Sozialismen, um den Weg in eine solidarische Moderne zu beschreiten?

 

Mit Lea Ypi (London School of Economics), Giacomo Corneo (Freie Universität Berlin) und Michael Brie (Rosa-Luxemburg-Stiftung).

 

Gegenwärtig werden in den westlichen Demokratien die Stimmen lauter, die eine Wieder- und Neubelebung sozialistischer Projekte fordern. In den Mutterländern des Neoliberalismus, den USA und Großbritannien, können Politiker*innen, die sich offen für einen „demokratischen Sozialismus“ aussprechen, in den letzten Jahren wieder breite Massen mobilisieren. Und auch in der akademischen Welt gibt es Versuche, neue Debatten über das Konzept des Sozialismus anzustoßen. 

Dabei ist unbestritten, dass eine jede Wiederbelebung des Konzepts die Geschichte der realen Sozialismen kritisch reflektieren muss. Strittiger sind die Fragen, wie genau ein sozialistisches Zukunftsprojekt zu verstehen und zu realisieren ist und welche gesellschaftlichen Bereiche es umfassen sollte. Von ihrer Beantwortung hängt ab, was genau unter „Sozialismus“ verstanden wird.

 

Wie weitreichend sind die gesellschaftlichen Transformationen, die unter den Begriff des Sozialismus gefasst werden? Stellt sich ein sozialistisches Zukunftsprojekt im Wesentlichen als alternative Wirtschaftsordnung dar? Oder betrifft das, was unter den Begriff des Sozialismus fällt, die tiefer liegende (moralische) Idee eines alternativen Freiheitsverständnisses, das sich von dem des Liberalismus abgrenzt? Gibt es überhaupt die Idee des Sozialismus oder bedarf es vielfältiger Sozialismen, um den Weg in eine solidarische Moderne anzustoßen?

 

Eine Veranstaltung des Center for Humanities and Social ChangeHumboldt-Universität zu Berlin und Vierte Welt.

 
Krise, Kritik und Zukunft des Sozialstaats

Mittwoch 09.01.2019 | 18:00 – 21:00

 

Der Sozialstaat bildet in institutioneller und normativer Hinsicht ein zentrales Element moderner westlicher Gesellschaften. 

Seine Herausbildung stellte historisch betrachtet einen enormen sozialen Fortschritt dar: Mit der Einführung sozialer Bürgerrechte und Sicherungsleistungen wurde den Bürgern ein Anspruch auf ein Mindestmaß an sozialer Gleichheit und Teilhabe gewährt und so einem krassen Pauperismus entgegengewirkt. 

Als eine Vermittlungsinstanz zwischen Demokratie und Kapitalismus trägt der Sozialstaat damit sowohl zur sozialen Integration in die Gesellschaft als auch zum funktionsfähigen Zusammenwirken der verschiedenen Gesellschaftsbereiche bei.

 

Nun befindet sich der Sozialstaat schon länger in einer Krise, die nicht zuletzt auch von einer von links geäußerten Kritik gegenüber ihm mitgetragen wurde. Dies erklärt sich unter anderem dadurch, dass viele der Errungenschaften, die das wohlfahrtsstaatliche Arrangement bot, aufs Engste mit negativen Folgen verbunden waren. So etwa gehörten zur sozialen Sicherung und Integration immer schon Mechanismen der sozialen Kontrolle, Normierung, Standardisierung und des Ausschlusses von bestimmten Teilen der Bevölkerung. Hinzu treten neue Herausforderungen im Zuge einer neoliberalen Umgestaltung und globalisierten Welt, die die normative Institution des Sozialstaats in ihrer Geltung aushöhlen und infrage stellen. 

 

Gewachsene Problemlagen und sozialstaatliche Lösungsangebote geraten so immer mehr in ein Missverhältnis, das die Frage nahelegt, ob es sich bei dem Sozialstaat um ein historisch ‚überlebtes‘ Gebilde handelt oder nicht doch die Notwendigkeit besteht, diesen – und seine emanzipatorischen Aspekte – zu verteidigen und dabei neu zu denken.

 

Zu Gast Claus Offe (Professor Emeritus of Political Sociology an der Hertie School of Governance) und Stephan Lessenich (Professor an der Ludwig-Maximilians-Universität München)

 
Zur Rekonstruktion und Aktualität der Theorie des autoritären Charakters

Donnerstag 08.02.18 | 18:00 – 21:00

 

Von #hatespeech über #fakenews, Reichsbürgertum und Rechtspopulismus bis hin zum US-Präsidenten – die Weltlage scheint so sehr aus den Fugen geraten, dass sich kaum eine Debatte ihrem Sog entziehen kann. Dass zur Erklärung dieser Phänomene mehrere Ebenen der Analyse ineinandergreifen müssten, ist weitgehend unbestritten: Milieu und Herkunftsgeschichte der Beteiligten, die Struktur der Öffentlichkeit sowie Affektmuster und Urteilsformen dürften – neben vielen anderen Aspekten – eine Rolle spielen.

 

Mit der Theorie des autoritären Charakters beziehungsweise der autoritären Persönlichkeit ist, ausgehend von Arbeiten des Instituts für Sozialforschung und der University of California in den 1930er und 1940er Jahren, ein bis heute einflussreiches Paradigma entwickelt worden, um diese Dimensionen miteinander in Verbindung zu bringen. Umso mehr muss die Beobachtung irritieren, dass es gegenwärtig eher am Rand als im Zentrum des Diskurses zu operieren scheint.

 

Trifft diese Wahrnehmung überhaupt zu? Wenn ja: Welche Gründe kämen dafür in Betracht? Sind beispielsweise die tiefenpsychologischen Zutaten des Theoriestrangs aktualisierungsbedürftig bzw. aktualisierbar? Formen die Sozialisationsbedingungen von heute Subjekte, an denen das Konzept des autoritären Charakters vorbei geht? Was lässt sich andererseits möglicherweise nur (oder besonders überzeugend) unter Rückgriff auf Theorien an der Schnittstelle von Soziologie, Psychologie und Philosophie zeigen? Kurzum: Wie aktuell ist die Theorie des autoritären Charakters?

 

Diese und verwandte Fragen werden im Rahmen der Reihe „in Context“ des Lehrstuhls für Sozialphilosophie der Humboldt Universität zu Berlin am 8. Februar von und mit Oliver Decker (Leipzig), Jan Weyand (Erlangen) sowie Eva-Maria Ziege (Bayreuth) in der „Vierten Welt“ diskutiert werden.

 

Die Veranstaltung wird organsiert von Selana Tzschiesche und Jan-Philipp Kruse.

 
Zurück zur Klassenfrage?
Soziologische Perspektiven auf den Erfolg der neuen Rechten

30.11.17 | 18:00 – 21:00

 

Die Diskussion um das Erstarken der neuen Rechten ist von einer starken Polarisierung gekennzeichnet: Die eine Seite erhebt den Vorwurf, dass die Vernachlässigung der sozialen Frage innerhalb des Diskurses der Identitätspolitik mitverantwortlich für Entstehung und Erfolg des Rechtspopulismus ist; die andere Seite verteidigt die Berechtigung der politischen Errungenschaften und theoretischen Einsichten, die im Zuge der jüngsten Emanzipationskämpfe gesellschaftlicher Minderheiten gewonnen wurden. 

Während die einen eine Rückkehr zur alten Klassenfrage fordern, halten die anderen diese Forderung für theoretisch unterkomplex und politisch fragwürdig.

 

In der Diskussion mit den Soziologinnen Cornelia Koppetsch und Silke van Dyk wollen wir der Frage nachgehen, ob und inwiefern der Begriff der Klasse für die soziologische Analyse und die politische Auseinandersetzung mit der Neuen Rechten hilfreich ist. 

Kann der Aufstieg der neuen Rechten plausibel als Resultat eines “symbolischen Klassenkampfes“ der vom gesellschaftlichen Abstieg bedrohten Mittelschicht erklärt werden (vgl. Koppetsch 2017)? Muss eine „emanzipatorische und zeitgemäße Politik“ nicht von einer Analyse der „tatsächlichen Klassenverhältnisse“ (vgl. Dowling/van Dyk/Graefe 2017) ausgehen? 

 

Diese und ähnliche Fragen werden an diesem Abend adressiert und, unter der Moderation von Rahel Jaeggi, mit Cornelia Koppetsch und Silke van Dyk diskutiert.

 
Wendy Brown: Neoliberal Revolution and Apocalyptic Populism

30.06.17 | 17:00 – 19:30

 

In her latest book, Undoing the Demos, Wendy Brown has provided an analysis of neoliberalism not just as enforced market liberalization, but as a specific form of governmentality. Under the rule of neoliberalism, subjects and institutions are molded and re-invented according to the norms of homo oeconomicus. Reification-effects are thus not described as results of economic processes but as expressions of an encompassing episteme.

 

Brown already pointed to detrimental effects for democratic self-governance from the totalization of market-rationality. In the face of Donald Trump’s recent ascend to the White House, she extends her diagnosis. Far from a break with Neoliberalism, for Brown the „apocalyptic populism“ is a reaction which allows neoliberalism to absorb much of the rage it created. Insisting on a regressive notion of freedom as entitlement, it allows right-wing movements to foreclose alternatives to the capitalist order and divert resistance. Inadvertently however, this problematic constellation also points to the possibility of a broad alliance of emancipatory forces.

Brown already pointed to detrimental effects for democratic self-governance from the totalization of market-rationality. In the face of Donald Trump’s recent ascend to the White House, she extends her diagnosis. Far from a break with Neoliberalism, for Brown the „apocalyptic populism“ is a reaction which allows neoliberalism to absorb much of the rage it created. Insisting on a regressive notion of freedom as entitlement, it allows right-wing movements to foreclose alternatives to the capitalist order and divert resistance. Inadvertently however, this problematic constellation also points to the possibility of a broad alliance of emancipatory forces.

 

We will discuss with Wendy Brown after responses held by Hannah Meißner and Rahel Jaeggi.

The event is moderated by Sabine Hark.

 
Soziale Ungleichheit, Rechtspopulismus und Anti-Genderismus.
Eine Diskussion mit Sabine Hark und Sighard Neckel

27.04.17 | 18:00 – 21:00

 

Im Rahmen der Reihe „Critical Theory in Context“ haben Sabine Hark, Professorin an der TU Berlin, sowie Leiterin des Zentrums für interdisziplinäre Frauen- und Geschlechterforschung und Sighard Neckel, Professor für Gesellschaftsanalyse und Sozialer Wandel an der Universität Hamburg, am 27. April das Thema „Soziale Ungleichheit, Rechtspopulismus und Anti-Genderismus“ in der Vierten Welt mit vielen Interessierten diskutiert.

 
Oliver Nachtwey: Die Abstiegsgesellschaft

Do. 16.02.17 | 18:00 – 21:00

 

Im Rahmen der Reihe

Über das Aufbegehren in der regressiven Moderne

Organisation: Rahel Jaeggi & Isette Schuhmacher

 

„Die Moderne entwickelt sich weiter, aber gleichzeitig zurück.” Wir befinden uns in Zeiten eines fundamentalen Wandels westlicher kapitalistischer Gesellschaften: Die ‚soziale Moderne‘, die für sozialen Aufstieg und Integration stand, ist vergangen und an ihre Stelle eine Gesellschaft des sozialen Abstiegs, der Prekarität, verschärfter Krisen und Konflikte getreten.

 

Oliver Nachtwey entwickelt in seinem jüngst erschienenen Buch diese These einer regressiven Modernisierung von Errungenschaften der sozialen Moderne. Dabei zeichnet er die Erosionsprozesse auf verschiedenen gesellschaftlichen Ebenen eindrücklich nach und beschreibt, wie mit „Sozialstaat, Normalarbeitsverhältnis, und sozialem Aufstieg“ auch das demokratische Gemeinwesen mit seinem Versprechen auf soziale Teilhabe und Integration in seiner “Geltung ausgehöhlt“ werde. All dies mag uns nicht neu erscheinen. Auf bemerkenswerte Weise allerdings schildert Nachtwey eine Krise moderner Gesellschaften in ihrer Breite, ihren Auswirkungen auf das Entstehen neuer Protestbewegungen – dem ‚neuen Aufbegehren‘ – und reaktualisiert dabei ein Vokabular der frühen Kritischen Theorie, die ihrerseits ‚kapitalistische` Entwicklungen auf die ihnen eingeschriebenen regressiven Tendenzen hin befragt hat.

 

 

Organisation: Rahel Jaeggi & Isette Schuhmacher

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