Trauma – rechte Gegenwart: #1 Der Rechtsrahmen
3-teilige Diskursreihe vom Institut für Widerstand im Postfordismus
Do. 13.06.24 | 19:00 – 22:00 Uhr
Eintritt frei – um Anmeldung wird gebeten
Die Reihe „Trauma – rechte Gegenwart“ versteht sich als zweiten Teil der Kunst- und Diskursreihe „Trauma – rechte Zukunft/deutsche Geschichte(n)“ in zugespitzter politischer Situation: Im April/Mai 2022 dachten wir im Wortsinn unseres Titels mit Schrecken über eine rechte Zukunft nach und wie diese gerade vor dem Hintergrund der Aufarbeitung der Vergangenheit zu verhindern sein könnte. Nun müssen wir feststellen, dass wir in einer Form der rechten Gegenwart angekommen sind: Der Rechtsruck, der sich seit dem Einzug der AfD in die Parlamente in der Mitte der Gesellschaft breit macht, entfaltet sich in den letzten Monaten auf beispiellose Weise.
In den Räumen der Vierten Welt wollen wir in einem Duktus zusammen kommen, der uns ermöglicht, nochmal etwas zu verstehen, das wir möglicherweise bisher nicht genug beachtet, oder noch nicht ausreichend verstanden haben oder nochmal verstehen müssen, um die Impulse und Möglichkeiten für unser Handeln (gegen rechts, zur Verteidigung der offenen Gesellschaft, zum Schutz der Demokratie) zu schärfen. Geleitet sind wir dabei von der Auseinandersetzung mit drei Feldern, die eigenen Dynamiken folgen, und dabei auf unterschiedliche Weise den Rechtsruck aus der Mitte der Gesellschaft vorantreiben:
#1 Der Rechtsrahmen
Betrachtet man den Rechtsrahmen und den Rechtsruck, dann gibt es zwei entgegengesetzte Pole: Einerseits gibt es immer wieder die Hoffnung und verschiedene Versuche, mit Mitteln des Rechts die offene pluralistische Gesellschaft und unsere Demokratie zu verteidigen, etwa über die Möglichkeit eines AfD-Verbots. Anderseits ist der Rechtsrahmen auch ein Gerüst, das unvergleichlich schnell erodieren kann: Wie wir in den letzten Jahren erlebt haben, wurde der Rechtsstaat und die Demokratie in Ländern wie beispielsweise Ungarn, und Polen in teilweise atemberaubenden Tempo mit formal-legalen Mitteln ausgehöhlt. Wäre das auch in Deutschland möglich?
Wir laden die Initiatorinnen des Thüringen-Projekts des in Kreuzberg-ansässigen Verfassungsblog sein, um über die Chancen und Risiken zu sprechen, die der Rechtsrahmen in Bezug auf den Rechtsruck beinhaltet. Das Thüringen-Projekt ist ein Forschungsprojekt zu Resilienz von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in Deutschland. Bis zu den Landtagswahlen im Herbst 2024 erforscht es am Beispiel von Thüringen, welche Spielräume eine autoritär-populistische Partei auf Landesebene hätte, um ihre Macht zum Schaden der Demokratie einzusetzen.
Elisa Müller und Mine Pleasure Bouvar eröffnen dazu ein Gespräch mit Friedrich Zillessen vom Thüringen-Projekt, an dem sich alle Teilnehmenden im Verlauf gleichermaßen beteiligen können. Wir wollen uns Zeit nehmen, um über die bisherigen Ergebnisse des Forschungsprojekts und ihre Handlungsempfehlungen ins Gespräch zu kommen, und über weitere Handlungsoptionen wie z.B. den zivilen Verfassungsschutz oder die Chance für ein AfD-Parteiverbot nachzudenken. Was können wir gemeinsam dafür tun, um unsere liberale demokratische Verfassungsordnung zu schützen? Und wie steht es aktuell eigentlich um demokratische Prozesse? Welche „Fehler im System“ können wir ausmachen?
Von und mit Elisa Müller, Mine Pleasure Bouvar, Friedrich Zillessen
Die Reihe Trauma – rechte Gegenwart ist ein Projekt des Instituts für Widerstand im Postfordismus
Konzeption Elisa Müller
Gefördert vom Projektfonds Friedrichshain-Kreuzberg
Vitae des Teams
Friedrich Zillessen studierte Politik- und Rechtswissenschaften in Leipzig und Lissabon. Er ist Redakteur des Verfassungsblogs und wissenschaftlicher Mitarbeiter im Thüringen-Projekt. Der Verfassungsblog ist eine Debattenplattform für verfassungsrechtliche und -politische Themen in Deutschland, Europa und darüber hinaus. Seit dem Sommer 2023 untersucht es im Thüringen-Projekt anhand von Szenarioanalysen, was passiert, wenn autoritär-populistische Parteien staatliche Machtmittel in einem Bundesland in die Hand bekommen. Verfassungsblog/Thüringenprojekt
Mine Pleasure Bouvar studierte irgendwas mit Kulturwissenschaften in Hildesheim. Sie* arbeitet als freie politische Bildner*in zu den Themen trans*feministischer Materialismus, politisch organisierte trans*Feindlichkeit und Faschismusstudien. Sie* ist teil des Bündnis Selbstbestimmung Selbst Gemacht und arbeitet als Aktivist*in an der Unterwanderung des Cistems und der Vergesellschaftung aller Geschlechter.
Elisa Müller studierte Schauspiel und Theaterwissenschaft. Sie arbeitet als Performerin, Regisseurin, Kuratorin und Dozentin. In ihrer künstlerischen und kuratorischen Praxis interessiert sie sich für nicht zu bewältigende, bzw schwer zu bewältigen Szenarien, Strukturen der Ohnmacht und Zusammenhänge, die uns bedrohen und beunruhigen, so zum Bespiel Weltuntergangsszenarien im Zusammenhang mit der Klimakatastrophe, oder die Wiederkehr von traumatischen Vergangenheiten im Zusammenhang mit gegenwärtigen faschistischen Bedrohungen. In der kuratorischen Praxis spielt zudem das Eingehen ungewöhnliche Verbindungen eine Rolle, der Versuch, Akteur:innen aus unterschiedlichen Szenen und diverser Hintergründe und ästhetischer Handschriften (etwa Metropole und der ländliche Peripherie) miteinander in Kontakt zu bringen und u.a. die Theatergewohnheiten der lokalen Publika zu erweitern.
Für 2024 ist u.a. die künstlerisch-diskursive Reihe „On(going) Trauma“ geplant, die vom Hauupstadtkulturfonds gefördert wird. 2023 hat sie ein NETZWERK-FORMAT zwischen Künstler*innen und Spielstätten im ländlichen Raum und Metropolen initiiert, u.a. mit Ute Gröbel / hochX München, Daniela Aue / Spielwerk Ansbach , Annett Hardegen / Vierte Welt Berlin, Melanie Seeland / die Andere Weltbühne Strausberg, Christiane Huber / Künstlerin München, Elisa Müller / Künstlerin Berlin, das vom Nationalen Performance Netz gefördert wird. Zudem hatte sie mit „Deep Time – Slow Violence“ eine Residenz am Staatstheater Braunschweig, eine Weiterführung des Projekts entstand in Kooperation mit die Andere Welt Bühne Strausberg und ist von Fonds Daku gefördert. 2022 kuratierte sie gemeinsam mit Annett Hardegen die Kunst- und Diskurs-Reihe „Trauma – rechte Zukunft/deutsche Geschichte(n)“, die von der spartenoffenen Förderung der Senatskanzlei Berlin, der Bundeszentrale für politische Bildung und dem Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg gefördert wurde. In diesem Rahmen entstand außerdem die Performance „Böse Déjà-vus“, die vom Fonds Darstellende Künste gefördert wurde. Zudem erhielt sie 2021 ein Stipendium vom Berliner Senat für eine Recherche mit Marianne Ramsay Sonneck vom Club Real und eines vom Fonds Darstellende Künste für ihre eigene Arbeit.
Seit 2014 Arbeit unter dem Label Institut für Widerstand im Postfordismus, zuvor gründete sie 2008 das Theaterlabel müller*****.
Außerdem seit 2013 regelmäßige Tätigkeit als Dozentin, unter anderem an der UdK in den Bereichen Bildende und Darstellende Kunst und beim Performing Arts Program Berlin und beim Landesbüro NRW. Von 2011-22 Vorstandsmitglied des LAFT – Landesverband freie darstellende Künste Berlin e.V. und Mitglied der Sprecherrunde der „Koalition der Freien Szene“ bis 2016. Von 2016-2022 war sie Mitglied im Rat für die Künste Berlin. 2020 Mitorganisatorin des Berliner Festivals „Keiner kommt“.
Fotos: Elisa Müller/Vierte Welt