
On(going) Trauma #6 – wie es uns den Boden unter den Füßen wegzieht
Anna-Lena Werner & Elisa Müller / Institut für Widerstand im Postfordismus
Sa. 15.02.25 | 15:00 – 19:30 Uhr
Eintritt frei, Anmeldung erbeten
ACHTUNG: Hier kommt eine Programmänderung:
On(going) Trauma war von Anfang an eine Reihe, die ‚für die Künstler*innen da sein sollte‘ – z.B. um einen solidarischen Austausch über die eigenen (künstlerischen) Arbeitspraxen rund um Trauma und Gewalt zu ermöglichen. Und im Rahmen unserer letzten fünf Veranstaltungen in 2024 haben wir zudem immer Bezug zu aktuellen (kultur-)politischen Entwicklungen genommen.
Diese Entwicklungen haben sich in in den letzten Monaten durch die Kürzungspläne aufs äußerste verschärft. Die Kunst- und Kulturszene (nicht nur) in Berlin steht vor dem Bankrott. Für viele von uns ist die Bedrohung ganz real und es geht um nichts weniger als die eigene Existenz. Diesem Thema werden wir unsere letzten Ausgabe im Februar 2025 widmen.
Zusammen mit u.a. Anna Stiede, Tanja Krone (#meckerchor) und Jonas Leifert und Kathrin Ebmeier, die zu den Organisator*innen der ›Vollversammlung für das Schöne Leben‹ in NRW, und Gesa Geue, die zur Aktionsgruppe Ausverkauf UdK gehört, eröffnen wir einen Raum, der Möglichkeit zur Solidarisierung, zur Vernetzung untereinander geben soll. Jenseits des Austausches über Protestmöglichkeiten, die wir hier in Berlin, oder in NRW oder anderswo erprobt haben, soll es auch um mögliche Überlebensstrategien in den kommenden Monaten und Jahren gehen. Was kann uns helfen, weiter zu existieren? Wie können wir uns gegenseitig unterstützen, in der Szene von Berlin oder bundesländerübergreifend? Letztendlich wollen wir uns zwischen Protestorganisation und Existenzangst füreinander Zeit nehmen, etwa um uns gegenseitig zu fragen, wie es uns geht, was uns aktuell hilft oder besonders verzweifeln lässt.
Wir laden zu einem gemeinsamen Essen ein und gestalten einen Rahmen, in dem wir versuchen können, Kraft für die kommenden Kämpfe zu tanken – join us!
Gäst*innenn und weitere Informationen:
anna stiede, geboren in Jena, aufgewachsen in Apolda ist Spielerin, Performerin und politische Kommunikationskünstlerin. Seit 2019 arbeitet sie ua mit ihrem freien Theaterkollektiv Panzerkreuzer Rotkäppchen am “Emotrouble OST”, arbeitet sich körperlich durch OST-Stoffe hindurch und interessiert sich für Vokale. 2019 begleitete sie die Konzert- und Marktplatztour #WannWennNichtJetzt. Seit 2020 tanzt sie mit dem Projekt TREUHANDTECHNO durch den Osten. Als Showmoderatorin von ZURÜCK IN DIE ZUKUNFT tourte sie mit Hans Narva durch die Oberlausitz, um den Strukturwandel zu verhandeln. Zuletzt wanderten sie zusammen durch Thüringen, Sachsen und Brandenburg und stellten die Frage IST DIE WENDE ZU ENDE? Seit 2023 forscht sie künstlerisch zu Streit und ostdeutscher Schimpfkultur und sucht nach spielerischen Formaten, die Begegnung unter Verschiedenen ermöglichen. Mit ihrer Wutbürgerin ANNAMEDEA zieht sie seit März 2024 durch ostdeutsche Städte, gründete zusammen mit Tanja Krone und Unterstützung der AGENTUR FÜR den MECKERCHOR und lädt Menschen zum lustvollen Schimpfen ein. Sie agiert im ostdeutschen Hinterland, lebt in Berlin und stärkt Frauen* mit Stimm- und Haltungstrainings.
Tanja Krone ist Regisseurin, Musikerin und Performerin. In ihren Arbeiten erklärt sie die Kunst zum Möglichkeitsraum, sucht nach Formen ihrer Vergemeinschaftung und reizt die vermeintliche Poesie des Dokumentarischen als textliche Basis ihrer künstlerischen Auseinandersetzungen aus. Sie ist Erfinderin und Mitbegründerin weltgrößter Frauenrockbands, jugendlicher Heilsarmeen und Städte der Frauen* und liebt es, mit ECHTEN zu reden, zb. übers Einmischen. In 2023 hat sie in Mannheim für das Amt der Oberbürgermeisterin kandidiert und sich damit Expertise auf artfremdem Terrain erarbeitet, die sie nun in verschiedenen Formaten gern mit allen teilt.
Anna Stiede und Tanja Krone haben zusammen den Meckerchor initiiert:
Berühmte Leute sangen in dem Chor. Aber es gibt wenig Überlieferungen, die Noten sind abhanden gekommen. In einer Zeit, in der das Meckern verpönt war und keine Sau sich mehr für Wahlprogramme interessierte, als die Kacke überall am dampfen war, Kriege draußen und drinnen, da sammelten sie sich, weil eine mit offenem Herzen sie zum Schimpfen anstiftete. Ihnen blieb die Wahl und sie begannen zu singen und zu schwingen. So trug es sich zu, dass ein Chor wurde was einst die Partei war: offen für alle, die meckern müssen, weils der einzige Modus war, um zu überleben. Von Gera aus trug der Chor das Meckern weiter durch das ostdeutsche Hinterland nach Erfurt, Dresden, Halle, Berlin, Hamburg, Bremen und hinaus in die Welt. Von (Bundes)Land zu (Bundes)Land, weil hier nun überall der Rotstift beim sozialen und kulturellen Miteinander angesetzt wird. Der Chor wurde Transmitter. Überbringer. Er vermittelte nichts, stachelte an sich einander anzusehen. Er trug weiter und gab Preis. So erfuhr die Eine von der Anderen, das Meckern lernte sich kennen. Das Private wurde Politisch. Der Meckerchor ist eine Sammlerin. Ganz am Ende – dieses Jahrhunderts vielleicht – entsteht ein Archiv. Des Meckerns.
›Vollversammlung für das Schöne Leben‹
Im Vorfeld der Wahlen, angesichts der zu befürchtenden Verschärfung nationalistischer, autoritärer und diskriminierender Tendenzen in der politischen Landschaft Deutschlands, haben sich Künstler*innen und Kulturarbeiter*innen zusammengetan, um zu einer Vollversammlung einzuladen. Eine Versammlung für den Erhalt einer pluralen, lebendigen Gesellschaft und progressiven Kunst- und Kulturszene, in der geredet, berichtet, diskutiert, reflektiert, gefordert und zugehört wird. Das Programm der zweitätigen Veranstaltung entsteht gemeinsam mit allen Teilnehmer*innen. Am Freitag wird in großer Runde konkretes Wissen über Handlungs- und Organisationsweisen, ästhetische und soziale Formen der Widerständigkeit und Wirksamkeit sowie Praktiken der Affirmation und der Liebe zusammengetragen – für eine offene und gerechte Gesellschaft, für das schöne Leben.
Die ›Vollversammlung für das Schöne Leben‹ ist eine selbstorganisierte und informelle Veranstaltung, bei der alle Teilnehmenden auch Mitwirkende sind. Mit vereinten Kräften werden möglichst zugängliche, solidarische und freudvolle Zeit-Räume geschaffen. Es gibt Essen und gute Laune. Von Barrierefreiheit über Flüsterübersetzung bis Unverträglichkeit – jeder Hinweis auf Support-Bedürfnisse oder Care-Skills ist hilfreich und willkommen.
https://www.pact-zollverein.de/programm/vollversammlung-fuer-das-schoene-leben
Kathrin Ebmeier wohnt in Köln und ist Künstler*in in verschiedenen Formaten. KE entwickelt immersive Performances mit dem Kollektiv Anna Kpok. KE ist Initiator*in der Oval Office Bar, einer queeren Bar mit Solitresen. 2020 hat KE die Kunstausstellung GEISTER zu Arbeiterinnenkämpfen im Ruhrgebiet in der AdKdW/Köln konzipiert und umgesetzt. Als Aktivist*in etabliert KE queere & feministische Organisation (z.B. CSD Bochum, 8.März-Bündnis) und kämpft gegen strukturelle Diskriminierungen v.A. im Theater (z.B. Gründung des Arbeiterinnenstammtisch für FLINTA*-Beschäftigte des SSH BO).
Jonas Leifert arbeitet als Kurator, Dramaturg und Kulturmanager im Ruhrgebiet. Nach dem Bachelor-Studium der Theater- und Filmwissenschaft an der Freien Universität Berlin schloss er seinen Master in Performance Studies an der Universität Hamburg ab. Als Dramaturg, Projektleiter und Kulturmanager arbeitete er für zahlreiche Institutionen, Festivals und in freiberuflichen Kontexten, u.a. für die Universität Hamburg, die Probebühne im Gängeviertel, PACT Zollverein, den Regionalverband Ruhr, das Kunsthaus Mitte in Oberhausen oder das FIDENA Festival. Als Kurator arbeitete er zuletzt für die Mülheimer Theaterallianz vier.ruhr und entwickelte im Team das Programm für den Markt für nützliches Wissen und Nicht-Wissen mit dem Titel „Fluss ohne Ufer – Über Fließgeschwindigkeit und die Regulierung von Gewässern, Körpern und Gedanken“. Derzeit absolviert Jonas Leifert als Stipendiat der Kunststiftung NRW den Universitätslehrgang Kuratieren in den szenischen Künsten an der Paris Lodron Universität Salzburg. Sein aktueller Arbeitsschwerpunkt liegt auf der Initiierung von künstlerischen Projekten, die aktuelle gesellschaftliche Themen aus der historischen und regionalen Perspektive des Ruhrgebietes aufgreifen. Aktuell recherchiert er als Fellowship Artist von PACT Zollverein unter dem Titel „industrielle Imaginationen – organische Realitäten“ zu Algen in postfossilen Industrien und zur biochemischen Optimierung der Photosynthese. Für das Programm „Zu Gast bei Urbane Künste Ruhr“ widmete er sich zusammen mit der Künstlerin und Transformationsmanagerin Franziska Pierwoss dem „Himmel über’m Revier“ mit der Geschichte der Luftverschmutzung und dem Entstehen der Umweltbewegung im Ruhrgebiet.
Gesa Geue wurde in Hamm (Westf.) geboren, studierte zunächst Literaturwissenschaft in Berlin und sammelte dort erste Theatererfahrungen am Maxim-Gorki-Theater. Während ihres Schauspielstudiums an der HfMT Hamburg spielte sie am Thalia Theater, am Deutschen Schauspielhaus Hamburg und auf Kampnagel, u.a. unter der Regie von Katie Mitchell und Leonie Böhm. Ab 2016 war Gesa Geue festes Ensemblemitglied am Staatstheater Mainz. Neben ihrer Arbeit als Schauspielerin begann sie noch im Festengagement und ab 2020 freischaffend, eigene Bühnenformate zu entwickeln und Texte für Kollaborationen mit anderen Künstler:innen zu verfassen (z.B. 2021 für die Hamburger Band plastiq). Gesa arbeitete als Autorin für eine feministische Überschreibung des Stücks Der Widerspenstigen Zähmung (Staatstheater Mainz, 2021) in der Regie von Stephanie van Batum, mit der sie 2022 für das Projekt Britney One More Time beim Phoenix Festival in Erfurt erneut zusammenkam. Weitere wichtige Arbeitsbeziehungen sind die zu Aslı Kışlal, Sara Ostertag, Hannah Frauenrath und Anne Bader. Gesa schreibt Texte und Musik für ihre Band Die The Geues. Im Mai 2023 war sie an der Stückentwicklung Heimliche Idioten in der Regie von Milena Michalek und Sahba Sahebi am Kosmos Theater Wien beteiligt. Im August desselben Jahres erhielt sie ein Stipendium für den Kurs Playwriting bei John von Düffel und Gerhild Steinbuch an der Summeruniversity der UdK Berlin, wo sie seit April 2024 Szenisches Schreiben studiert.
Ausverkauf UdK
WIR STREIKEN: DER GROSSE AUSVERKAUF
“The classroom remains the most radical space of possibility in the academy”- Bell Hooks
Der UdK werden 30% der Gelder gestrichen, der Kunst- und Kulturszene in Berlin insgesamt 12%. Diese Kürzungen reihen sich ein in rechtskonservative Angriffe auf die Meinungsfreiheit- wir sagen, es reicht! Universitäten, Kunst und Kultur müssen Räume des kritischen Denkens und Dissens sein und bleiben. Das fordern und verteidigen wir.
Als Studierende des Szenischen Schreibens sehen wir in der Sparpolitik des Senats nicht nur eine unmittelbare Gefährdung unseres Studiums und unserer beruflichen Zukunft, sondern eine grundlegende Bedrohung emanzipatorischer (Denk-)Räume.
Die Berliner Regierung zeigt auf Landesebene, was uns auch auf Bundesebene erwarten kann. Kürzungen stellen kein wertneutrales Wirtschaften dar, sondern eine klare Umverteilung, die wir als Teil der Repression kritischer Stimmen und transformativer Projekte verstehen. Es handelt sich um gezielte Angriffe auf Kunst, Kultur, Wissenschaft, und Soziales.
Ab dem 13.01.2025 treten wir daher in den Streik! Wir verlangen eine revolutionäre Lehre.

